Wie ein Gewitter trafen mich die Blätter bei der ersten Begegnung mit
Arbeiten von Torsten Russ. Sie hingen auf einer bemessenen Wand-
fläche neben-und übereinander, um die Vielfalt der Ideen zu demon-
strieren - scherenschnittartig, kantig, in den Farben schwarz, rot und
weiß. Mit diesen lapidaren Mitteln wird eine Botschaft eindringlich
verkündet, äußerst wirksame Bildsprache der Moritaten - Sänger, wenn
es diese noch gäbe. Was ist die Botschaft von Torsten Russ? Die Vielfalt
des Lebens, seine Verflechtungen und Konflikte, Anspielungen, Verzer-
rungen in der Ausdrucksweise eines übertreibenden Beobachters. Der
Betrachter hat seine Freude. Die Blätter werden gezeichnet. Zuerst die
Konturen- spontan, vehement. Die Bildidee, das Was und Wie entsteht
und entwickelt sich im Augenblick des Zeichnens. Es muss schnell
gehen, so dass der Schöpfer mitunter selbst über die Geschichte staunt,
die er auf das Papier gebracht hat. So schildert Torsten Russ den
Entstehungsprozess seiner Blätter. Wenn auf diese dynamische Weise
die Konturen gezeichnet sind, womit die Geschichte steht, kommt die
Ausarbeitung der Flächen, was Sorgfalt und somit auch Zeit braucht. Es
ist eine laute und zwingende Sprache. Sie sind das Markenzeichen des
Künstlers.
Hat man sich eine Zeichnung angesehen und die Geschichte, meist
mit Schmunzeln, erfasst, lohnt es, die Formensprache auf sich wirken
zu lassen. Die Vielgestaltigkeit der Flächen, die grossen im Verhältnis zu
den filigranen, häufig in Verbindung mit Streifenmustern, ergeben ein
spannungsvolles Ganzes, was mich beeindruckt. Erstaunlich, wenn
man bedenkt, wie schnell die Entscheidungen beim Zeichnen getroffen
werden. In einer ganzen Reihe von Blättern sind dünne Linien gezeichnet
und grenzlos verlaufende Bleistiftschraffuren ergeben Grauwerte. Diese
Bereicherungen bringen zusätzliche Spannung und fügen sich gut in
das Gesamtbild ein. Die vielen Zeichnungen haben ein grosses Reser-
voir an Formfindungen. Jede Einzelheit ist das Ergebnis eines Abstrak-
tionsvorganges. Auf noch ein anderes Betätigungsfeld des vielseitigen
Torsten Russ möchte ich hinweisen, auf Kompositionen mit 3D-Visu-
alisierungen mittels Computerprogramm. Hier modifiziert er sein klares
Formendenken zu räumlichen Gebilden, wobei zwischen den Polen
schwarz und weiss die Breite der Grauskala erscheint und das Rot
vielfältige Modifikationen der Helligkeitsstufen erreicht. So sind ästhe-
tisch wirkende Blätter entstanden, geheimnisvoll erscheinend in ihrer
räumlichen Tiefe.
Prof. Gerhard Schwarz, Hochschule für Kunst und Design Halle
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Was macht die Ente mit dem Sturmtruppenhelm? Weshalb trägt das Hausschwein
eine Gasmaske und das Kaninchen einen Maulkorb? Was bedeuten die grotesken,
überdimensionalen Tierschädel und welcher Sinn steckt hinter dem Briefkasten am
Boxring? Was macht der Hund dort unten in der Ecke oder ist es sogar ein Drache?
Fragen, die sich einem prompt in den ersten Sekunden aufdrängen, beim Anblick
eines dieser Kunstwerke. Dieser Kunstwerke? Worüber reden wir hier überhaupt?
Wir reden über harte, strenge Linien auf Papier, auf Leinwand, gelenkt von Torsten
Russ. Der sympathische Künstler aus Leipzig fertigt seine Werke mit schnellem Strich
und starker Hand. Was auffällt, sind die Farben von Schwarz, Weiss und Rot. Einem
inneren Bedürfnis folgend, finden diese Farben immer wieder den Weg auf die Lein-
wand. Diese Russ`sche Monochromie haucht seinen Bildern Leben ein und unter-
streicht eindrucksvoll die verwirrenden und oft provokanten Themen. Scharfe Kanten
werden zu Messern, wenn es um brisante Inhalte geht. Seine häufig eingesetzte Satire
und Ironie geben seinen Bildern zusätzlich Spannung. Die Augen verfolgen den kraft-
vollen Strich und begeben sich auf Entdeckungsreise. Zentimeter für Zentimeter ent-
larfen sie neue Strukturen im Kontext mit den zu Papier gebrachten Phantasien. Die
Motive, auf häufig riesigen Formaten, scheinen sich einem regelrecht entgegen zu
schleudern. So wie seine Wahrheiten, die sich in ihnen verbergen. Zwar ist die Arbeits-
weise von Torsten Russ äußerst dynamisch und kraftvoll, dennoch sind die Werke sehr
feinfühlig, klar und zart. Ein Strich zu viel oder zu kräftig und das Bild wäre zerstört.
Eine Linie, eine Kleinigkeit nur, die oft die unermessliche Tiefe des menschlichen Ge-
dankengutes verkörpern kann, wird meisterlich gesetzt. Der Künstler ermöglicht uns
durch seine Werke als Zeugen einzutauchen und zu empfinden.
Die Werke vpn Torsten Russ stecken voller Leidenschaft, Schaffenswillen und seinem
emphatischen Vermögen. Es entstehen Zeichnungen, Ölgemälde und Objekte, die
im höchsten Maße begeistern und faszinieren.
Kathrin Kohl, Galeristin - Gallery Avatar, Wien
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Trifft man zum ersten Mal auf eine Galeriewand, die mit Bildern von Torsten Russ
behängt ist, möchte man ihm spontan zurufen: Aber die Welt ist doch nicht Schwarz-
Weiß! Richtig, wird er entgegnen, es gibt auch Grautöne. Und Rot! Das muss dann
aber auch reichen, um die Vielfalt ringsumher einzufangen. Es reicht tatsächlich. Die
beschnittene Palette ist kein Hinderungsgrund, viel Welt auf das Blatt oder die
Leinwand zu bringen. Ganz große Welt und ganz kleine Welt, belebte und
unbelebte, vertraute und fremdartige, meist alles ineinander verwoben, verschränkt,
in Aktion und Reaktion zueinander versetzt.
Harmonisch oder gar romantisch geht es dabei selten zu. Man muss sich nicht
wundern, wenn eine Gitarristin mit wenig mehr als einer Gasmaske bekleidet ist,
wenn ein Stuhl kapitulierend die Hände hebt oder wenn eine Ente Stahlhelm trägt.
Selbstverständlich ist das Realismus. Gerade in dem Moment, wo diese Zeilen
entstehen, wird doch im Südkaukasus wieder einmal deutlich, dass die Zeiten
tieffliegender Geschosse auch die hohen Zeiten von Enten sind. Es gibt viel Gewalt
in den Bildern Torsten Russ´. Das lustvolle Wehtun kann viele Gesichter haben.
Und Beine, und Reißzähne, und Klauen. Immer wieder Hunde, Schoßhunde,
Kampfhunde, einfache Hunde. Auch Kerle und Weiber gehören zu den gehäuft
auftretenden Sujets. Und Sex? Ja, ich sagte doch schon: Viel Gewalt.
Man kann in den schwarzweißroten Blättern spazierengehen. Oder versuchen, sie
zu lesen. Spazieren ist einfacher, verspricht mehr Entspannung. Vor allem, wenn
man den Dialekt der Eingeborenen jener Dschungelstadtschaften nicht versteht und
sogar die Buchstaben und Piktogramme seltsam verändert zu sein scheinen. Dann
lieber flanieren. Doch an der nächsten Kreuzung kann es passieren, dass da ein
Männecken ohne Kopf mit Flaggen fuchtelt, deren Symbolwert für die Wahl des
weiteren Weges lebenswichtig zu sein scheint. So ganz leicht hat man es nicht,
lässt man sich tiefer in diese Erzählungen ein.
Diese hochgradige Sättigung mit narrativen Elementen scheint eine Zuneigung zur
Literatur als Fundament zu haben. Doch der jazzverliebte Künstler verneint das – da
werden weder Dostojewski, noch Kafka oder Brecht illustriert. Das sprudelt alles
aus ihm selbst heraus, meist staunt er am Ende der Arbeit über die Einfälle, die das
Unterbewusstsein da so nach und nach freigelassen hat. Es fällt nicht schwer, den
Satz zu notieren: Torsten Russ hat seinen Stil gefunden. Doch der Gilde
professioneller Kunstausdeuter reicht so etwas nicht. Welcher Stil denn? Da gehört
doch ein kleiner, schwer abzukratzender Aufkleber dran, der nicht nur Datum und
Fundort vermerkt, sondern auch die Gattungszugehörigkeit ... Aber welche bloß?
Auf die Gefahr hin, dass die Matrizen der Suchmaschinen unscharfe Flecken
verzeichnen, muss eine exakte Bestimmung scheitern. Er hat seinen Stil gefunden.
Basta!, um mal den kunstmögenden vorletzten Kanzler zu zitieren.
Autortitätsbeweise kommen ja immer gut an.
Neueste Malereien von Torsten Russ, inspiriert durch Versuche mit 3D-Software,
welche eigentlich für Architekten und Konstrukteure entwickelt wurde, scheinen mit
der Gefahr des visuellen Overkill zu brechen. Da ist wohl ein Prozess des
Aufräumens im Gange. Doch das Personal der gewohnten Zeichnungen wird nicht
gleich ganz exmatrikuliert, seine Biotope haben nur eine Ergänzung mit anderer
Randbebauung gefunden. Schließlich sind noch die Designarbeiten des
Multigestalters Russ zu nennen. Da gibt es einerseits ganz konstruktive Entwürfe für
Gebrauchsgegenstände bis hin zu Maschinen. Andererseits wandert die skurrile
Bildersprache der Zeichnungen und Malereien über Sessel und andere Objekte,
fröhlich entbunden der Zweidimensionalität.
Das alles natürlich in Schwarz, Weiß und Rot – so wie die Welt eben ist.
Dr. Jens Kassner
Kunsthistoriker, Leipzig
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Über den Menschen und Künstler Torsten Russ, eine sehr persönliche Sicht
Als ich ihm das erste Mal begegnete, war ich schwer beeindruckt: da baute sich vor mir
eine fast hünenhaft zu nennende Person auf, um zwei Meter groß, massig, schwarz
gekleidet, fast kahl geschoren, silbern leuchtende Bartstoppeln, braune, freundlich in die
Welt schauende Augen – er erinnerte mich sofort an Olaf Gulbransson, den legendären
Karikaturisten des Simplicissimus – und er sagte zu mir: „Komm“, dabei schwang ganz
leicht ein sympathischer sächsischer Akzent mir – „ich zeig dir mal meine Bilder“.
Er führte mich zu drei großformatigen Zeichnungen, geschätzte eineinhalb Quadratmeter
in schwarz, grau und zinnober, angefüllt mit Punkern und anderen Menschen, Hunden
und anderen Kreaturen, Architekturfragmenten, gefährlichen und friedlichen Details – ich
brauchte Zeit, um mich zu orientieren. Ich muss freimütig gestehen, wow, so etwas hatte
ich bislang noch nicht gesehen. Was für eine eigenständige Welt, was für eine sehr
persönliche Sicht der Dinge, was für eine Unverwechselbarkeit der Erscheinung und
was für ein Können, „tja, Leipziger Schule halt“ hätte ich beinahe zitiert, wenn’s nicht
schon so oft und manchmal auch falsch gebraucht worden wäre.
Expressiv - wahrlich ausdrucksstark -, satirisch, ironisch, enthüllend wird da zeitkritisch
ein Blick auf das monströse Welttheater geworfen, wie es ist, nicht wie es sein
sollte. Insofern war mein erster Eindruck mit Gulbransson vielleicht nicht völlig abwegig,
der auch, am Anfang des 20. Jahrhunderts, die Missstände in Staat und Kirche, bei
Obrigkeit und Untertan, Kaiser und Adel schonungslos aufdeckte.
Torsten Russ begleitet seine, unsere Zeit überzeugend mit den Mitteln des wachen
Künstlers, immer auf der Seite des Schwächeren, immer uns die Augen öffnend für die
Nacht- und Schattenseiten, für die Schwächen, Schwachstellen und Absurditäten des
täglichen Lebens, die Randbereiche, die Bedrohungen, die Vereinsamung inmitten der
Masse, da ist er zuhause, das legt er uns ans Herz mit grandiosen zeichnerischen und
wunderbaren malerischen Mitteln. So groß, wie er in Erscheinung tritt, so groß sind auch
seine Formate: Zeichnungen und Ölbilder mit drei Quadratmetern und mehr, auch das
schon ein Anlass zum Staunen, Riesenformate und dennoch figürlich gefüllt – und mit
welchem Anspruch und mit welch unbändiger Schaffenskraft, wenn ich die Anzahl der
Bilder sehe, die so in einem Jahr entstehen !
Torsten Russ ist ein „Macher“, einer der anpackt, einer, der einen selber packt, mitnimmt
in steter Hilfsbereitschaft und Liebenswürdigkeit.
Lieber Torsten, für mich bist Du ein „Großer“, und das meine ich jetzt ausschließlich im
Sinn Deiner künstlerischen Qualitäten mit denen du mich, uns, zum Staunen und zum
Nachdenken bringst. Ich wünsche Dir, dass man Deinen außergewöhnlichen Arbeiten
die ihnen gebührende Anerkennung, Würdigung und Aufmerksamkeit zukommen lässt
( wenn möglich, zu Lebzeiten ! ), verdient haben sie und Du es auf jeden Fall!
Ulrich Köditz, Künstler
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About german Artist Torsten Russ
In his earlier paintings, Torsten Russ placed persons mainly
as isolated, small, anonymous and lonely figures, which seem
to be lost in the picture.
In these paintings the human being is an alienated small part
of a strong geometric composition depicting unfinished or
abandoned constructions with a very strong three -
dimensional expression, remembering graphical artwork. This
effect is enhanced by hard edge painting and the use of few
colors, i.e.red, gray, black and white, emphasizing existentialistic
or apocalyptic situations. In recent work, Torsten Russ focused
on persons centered in the foreground who participate mainly
in aggressive scenarios.
The realistic painting style, which permits to identify the
participants, involves the spectator and thus enhances the
dramatic effects for instance of an inquisition or crucifiction.
The initial shock that these paintings provoke is counterbalanced
in different manners:
The titles, which never are simple descriptions of the painting,
put the visual impression in a new, unexpected, and often
enigmatic context, thus permitting different interpretations.The
meticulous spectator will notice some details which also help to
counterbalance the shocking scenarios:
the presence of discrete and isolated errors and ambiguities of
perspective and the introduction of strange elements, such as
the monkey in the inquisition and the rabbit at the bottom of the
crucifiction scenario.
Initially the paintings evoke strong emotions but then induce a
long lasting process of reflection.
A more profound understanding of Russ´ paintings is not
immediate and can only be done in an asymptotic way, after
repetitive studying of the work.........
Prof. Dr. Konradin Metze, Sao Paulo, Brasil